Sinn des Lebens

Etymologisch kommt Sinn vom mittel- und allthochdeutschen “sin”, das auf Verstand und Wahrnehmung bezogen wird. Jedoch weist das Verb “sinnen” auf eine noch ältere Bedeutung hin: “streben, begehren”, ursprünglich aber “gehen, reisen”.

So weiß schon der sprachliche Ursprung darum, dass es beim “Sinn” nicht um etwas Statisches, Feststehendes gehen kann, sondern um die Bewegung, um einen Prozess. Wenn ich nach dem Sinn frage, will ich wissen: “Wie gehe ich meinen Lebensweg so, dass es dem Leben und mir entspricht, dass ich meinem Potenzial an Fähigkeiten und an Energie entspreche?”

Oft wird die Frage nach dem Lebenssinn durch eine Krise ausgelöst. Ein Verlust, ein Misslingen oder anderes Leid vermindern Lebenshoffnung und lassen die Identität und den Selbstwert wanken. In diesem Fall kann das Ausdrücken des Schmerzes, das Klagen hilfreich sein.

Wichtig ist, dass die Lebenselemente aufeinander bezogen sind, dass wir einen “roten Faden” im Leben erkennen. Dazu kann die Arbeit mit einem sog. “Lebenspanorama” hilfreich sein, das bisher unverbundene Elemente integrieren helfen kann. Diese Integration hat mit einer neuen Sicht (Deutung) zu tun. Nicht gemeint ist eine Funktionalisierung aller Tätigkeiten (und eventuell auch von Beziehungen). Dies kann vielmehr sinn-entleerend wirken. Wenn ich “nur” etwas tue um eines Zieles willen, verliert das Tun “an sich” an Wert. Das gilt noch mehr für Beziehungen. Wenn wir alle Beziehungen einem Zweck unterordnen, dann verhindert die Zweckausrichtung eine echte Ich-Du Beziehung (Begegnung). Wir bleiben in Ich-Es-Beziehungen stecken (Martin Buber), die uns unbefriedigt lassen.

Die Gestalttherapie nennt als Sinn das “Wachsen” des Organismus, der Weg dahin führt über die Befriedigung unserer wesentlichen Bedürfnisse. Dazu braucht es den ungestört verlaufenden [ Kontaktprozess.

Da Körper und Seele zusammen gehören, lassen sich wesentliche Bedürfnisse bei einer “Wanderung” durch den Körper erspüren. Daher sind auch Selbstannahme (dazu gehört meine Geschichte und mein Körper) und Selbstliebe (nicht zu verwechseln mit Egoismus) mit der Sinnerfahrung verknüpft. Wenn wir uns nicht annehmen, wertschätzen und lieben können, liegt dies oft an Traumata.

Franz Renggli sagt:

Unsere (traumatischen) “Erfahrungen zu transformieren, … ist der Sinn unseres Lebens.” (Renggli 2018, S. 11)

ORF Focus 4.7.2009 Sendung mit Prof. Michael Lehofer über “Lebendig sein” mp3-Datei